Good Practices reichen nicht

Gianluca Pardini | Geschäftsleitung IG Kultur Luzern

Empfehlungen zur Entschädigung von Kulturschaffenden sind vom «nationalen Kulturdialog» verabschiedet worden. Der Appell ist allerdings kaum angemessen, um dem Problem der Entlohnung zu begegnen.

Dass Kultur, wenn es um finanzielle Entschädigungen geht, oftmals in einem unregulierten Feld stattfindet, bestätigen mehrere Studien aus den letzten Jahren. Die Corona-Pandemie hat zudem gezeigt, dass viele Kulturschaffende einerseits der Prekarisierung unterworfen sind und andererseits aufgrund eines hohen Anteils von Selbstständigerwerbenden über eine mangelnde soziale Absicherung verfügen. Um dem breit anerkannten Problem zu begegnen, setzte der nationale Kulturdialog 2021 eine Arbeitsgruppe ein. Das Ziel: eine einheitliche Praxis zur angemessenen Entschädigung auf allen Verwaltungsebenen zu entwickeln. Für die Auslegeordnung wurden mit einer Studie die Tarifordnungen der Berufsverbände erfasst. Basierend darauf wurden Empfehlungen und Good Practices formuliert.

Appell mit Diskussionsbedarf

Aus der Studie, die 2022 auf dem Tisch lag,[1] wurde deutlich, dass zwar in fast allen Sparten Honorarempfehlungen bestehen, diese allerdings noch nicht verbindlich in die Praxis umgesetzt werden. Es wird deshalb betont, dass Regelungen gefunden werden müssen, um eine Verbindlichkeit zu schaffen. Ebenso veranschaulicht die Studie, dass es beim Monitoring und bei Kontrollmechanismen harzt: Keine der befragten Förderinstitutionen verfügte über Instrumente, welche datenfundierte Rückschlüsse auf sparten- oder geschlechterspezifische Honorarauszahlung erlauben würden. Dies verdeutlicht, dass der aus den Empfehlungen des nationalen Kulturdialogs stammende Appell an eine kollektive Verantwortung auf Verwaltungsebene nicht ausreicht, um der Problematik der unzureichenden Entlohnung entschieden entgegenwirken zu können.

Wer muss einfordern?

Eine faire Entlohnung müssen Künstler:innen und Angestellte im subventionierten Kulturbetrieb wie auch bei der öffentlichen Hand gleichermassen einfordern. Das bedeutet, dass Teuerungsausgleiche ein fester Bestandteil von Subventions- und Leistungsverträgen werden müssen. Gleichzeitig können bestehende Kulturstrukturen jedoch nicht alle Anforderungen von heute auf morgen erfüllen, ohne dass eine substanzielle Erhöhung des Kulturbudgets in Betracht gezogen wird. Ein Überwachungs- und Durchsetzungssystem, das vor allem in Städten und Kantonen zum Einsatz kommen müsste, sollte die Bedingungen in den Leistungsvereinbarungen klar festlegen und Jahresrechnungen sowie Lohnsummen und Lohnunterschiede transparent machen. Am Beispiel des Kantons und der Stadt Luzern bedeutet dies, dass mittelgrosse und grosse Kulturinstitutionen wie auch Zweckverbände, die Kulturbeiträge der Stadt erhalten, die Vorgaben zur fairen Entlohnung kurz- bis mittelfristig umsetzen müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, könnten die bestehenden Subventionsverträge angepasst werden, wobei die Lohnfrage an Bedeutung gewinnt. Dies könnte zwar auf Kosten anderer Leistungen erfolgen. Das ist jedoch notwendig, um eine faire Entlohnung sicherzustellen. Die öffentliche Kulturförderung muss hierfür klare finanzielle Wachstumspfade definieren, um die Nachhaltigkeit und gerechte Löhne in der Kulturbranche zu gewährleisten.

[1] Hertig, Vera; Schwenkel, Christof; Bourdin, Clément; Ettlin, Rahel (2022): Die Praxis der öffentlichen Kulturförderung bei der Umsetzung von Honorarempfehlungen. Schlussbericht zuhanden des Nationalen Kulturdialogs (NKD). Luzern/Lausanne: Interface.